Ein Beitrag von AbFaNG – Aktionsbündnis für Frieden, aktive Neutralität und Gewaltfreiheit
Am 22. Jänner 2021 tritt der Atomwaffenverbotsvertrag in Kraft. Ab diesem Tag sind Atomwaffen völkerrechtlich verboten. Der jahrzehntelange Einsatz der Zivilgesellschaft und das ehrliche Bemühen von RegierungsverhandlerInnen werden damit belohnt. Die österreichische Diplomatie war ganz vorne mit dabei und hat wesentlich dazu beigetragen, dass der Vertrag zustande kam und relativ rasch umgesetzt wurde.
Mit dem Inkrafttreten des Vertrages ist es festgeschrieben: Atomare Massenvernichtungswaffen sind völkerrechtlich illegal! Es liegt nun an den jährlich stattfinden Vertragskonferenzen und vor allem an den Anstrengungen der Zivilgesellschaft, den „Atommächten“ und jenen Staaten, die glauben, ihre Sicherheit könnte durch Massenvernichtungswaffen gewährleistet werden, die Ächtung spüren zu lassen und sie zum Umdenken zu bewegen.
Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass es immer wieder Kampagnen und Anstrengungen der Zivilgesellschaft waren, die Abrüstungsverhandlungen initiiert und letztlich auch zu Verbotsverträgen geführt haben. Diese Verträge beschleunigten das Umdenken in der Gesellschaft und bei Regierenden und mündeten u.a. im Verbot von Landminen sowie chemischen und biologischen Waffen.
ICAN (International Campaign to Abolish Nuclear Weapons ) gehört zu den Initiatoren des Atomwaffenverbotsvertrags. Unterstützt wird die Kampagne u.a. durch die Themeninitiative Frieden innerhalb von SDG Watch Austria und von AbFaNG, dem Aktionsbündnis für Frieden, aktive Neutralität und Gewaltfreiheit. Mit dem Inkrafttreten des Vertrags werden Atomwaffen völkerrechtlich auf den gleichen Status gestellt wie die übrigen Massenvernichtungswaffen, die in der Biowaffen- und Chemiewaffenkonvention 1971 bzw. 1993 geächtet wurden. Damit steigt der Druck auf die neun Atomwaffenstaaten, abzurüsten und letztlich auch die Zusage aus dem Atomwaffensperrvertrag einzuhalten, ihre Atomwaffenarsenale mit rund 13.000 Sprengköpfen vollkommen zu vernichten.
Die neuesten Entwicklungen in der Zivilgesellschaft zeigen, dass Umwelt-, Klima- und Friedensbewegung näher zusammen rücken. Dies vor allem aufgrund der multiplen Krise – Umwelt-, Klima-, Wirtschafts- und soziale Krise befeuert durch die Covid-19-Pandemie – die erfordert, dass die vorhandenen Ressourcen optimal für die Bewältigung dieser Krisen eingesetzt werden, um eine Transformation der Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und Frieden zügig vorantreiben zu können. Gemeinsame Anstrengungen von Regierenden, Institutionen und NGOs sind notwendig, um die Welt für unsere Kinder und Enkelkinder im Sinne eines „Guten Lebens für alle“ zu erhalten. Investitionen in die Rüstungs- und Atomindustrie sind diesen Bemühungen diametral entgegengesetzt – auch im Sinne der 17 von der UNO definierten Nachhaltigkeitsziele (SDGs).
Das neutrale und begüterte Österreich ist prädestiniert, sowohl bei Umwelt- und Klimaschutz als auch hinsichtlich Friedensförderung beispielgebend voran zu gehen. Wirklich wegweisend haben sich die Regierungsvertreter:innen beim Vorantreiben und der Ratifizierung des Atomwaffenverbotsvertrags verhalten. Die Themeninitiative Frieden innerhalb von SDG Watch Austria spricht auf diesem Weg allen Beteiligten am Zustandekommen des Atomwaffenverbotsvertrags ihre Anerkennung und ihren Dank aus.
Atomwaffen und Atomkraftwerke sind siamesische Zwillinge. Daher muss im Sinne des Atomwaffen-verbotsvertrags auch die „Hintertür“ zu Atomwaffen über AKWs geschlossen werden. Österreich kann und soll dabei mit gutem Beispiel vorangehen. Mit dem Atom-Nein-Volksentscheid von 1978 wurde der Regierung der Rücken gestärkt, so dass Österreich konsequenter Weise weitere Zeichen, wie die Einstellung der Zahlungen und den Austritt aus EURATOM und IAEA, setzen kann.
Im Sinne einer aktiven Neutralitätspolitik ist es notwendig, dass Österreich beispielgebend gegen jegliche Kriegspolitik auftritt und sich für aktive Vermittlungsbemühungen zwischen Ost und West sowie zwischen Nord und Süd einsetzt. Die Glaubwürdigkeit Österreichs wird durch die Forderung nach umfassender weltweiter Abrüstung sowohl bei Atomwaffen als auch bei konventionellen und KI-gesteuerten Waffen gestärkt. Als neutraler Staat sollte sich Österreich nicht mehr an der EU-PESCO- und/oder NATO-Aufrüstungs- und Militarisierungspolitik oder gar an Krisen- und/oder Kriegseinsätzen beteiligen, sondern friedensfördernde Maßnahmen anregen und auch hier vorbildhaft, wie beim Atomwaffenverbotsvertrag, vorangehen.
Der Verbotsvertrag ist ein gelungenes Beispiel für die Umsetzung des Wiener 3C-Appells von 2010. Darin geben die beteiligten Organisationen Empfehlungen für die „Grundsätze und Ziele der Abstimmung von staatlichen und nichtstaatlichen Akteurinnen und Akteuren“. Der 3C-Appell legt dar, dass Sicherheit und Entwicklung einander bedingen und es daher begrüßt wird in fragilen Situationen kohärent, koordiniert und komplementär (3C) vorzugehen, in Abstimmung mit der betroffenen Regierung und der lokalen Zivilgesellschaft.
Hintergrundinformation zum Atomwaffenverbotsvertrag
Status Atomwaffenverbotsvertrag (12.12.2020):
51 Staaten haben den Vertrag ratifiziert, darunter aus der EU: Österreich, Irland, Malta.
86 Staaten haben den Vertrag unterzeichnet.
122 (der insgesamt 193) UN-Mitgliedsstaaten haben den vorgelegten Vertragstext am 7.7.2017 angenommen, die Niederlande stimmte dagegen, Singapur hat sich der Stimme enthalten.
Aus Europa haben unterzeichnet:
Heiliger Stuhl, Irland, Liechtenstein, Malta, Österreich,
Aus Europa haben zugestimmt:
Siehe oben, außerdem: Schweden, Schweiz, Zypern
Österreichs Rolle:
7.7.2017: 122 Staaten (inkl. AT) nehmen den Vertrag in der UN-Versammlung an. Ab 20.9.2017 konnten Staaten den Vertrag in den Vereinten Nationen in New York unterschreiben
20.9.2017: Österreich (Außenminister Kurz) unterzeichnet den Vertrag
25.1.2018: Regierungsvorlage für den Staatsvertrag im Nationalrat
21.3.2018: Einstimmige Verabschiedung durch den österr. Nationalrat
8.5.2018: Österreich ratifiziert den Vertrag
24.10.2020: Der 50. Staat ratifiziert den Vertrag
22.01.2021: Der Vertrag tritt in Kraft
Der Atomwaffenverbotsvertrag tritt somit, 853 Tage nachdem er zur Ratifikation ausgelegt wurde, in Kraft. Im Vergleich dazu brauchte die Biowaffenkonvention 1.080 Tage, die Chemiewaffenkonvention 1.567 Tage, der Nichtverbreitungsvertrag 612 Tage, und der Teststoppvertrag (CTBT) bisher über 8.000 Tage. Neben Brasilien, Irland, Mexiko, Nigeria und Südafrika zählt Österreich zur Kerngruppe jener Staaten, die sich besonders um den Atomwaffenverbotsvertrag bemühte.
„Heute hören wir immer wieder, dass Nuklearwaffen notwendig sind für die Sicherheit. Diese Erzählung ist nicht nur falsch, sie ist gefährlich. Der neue Vertrag zeigt eine echte Alternative: Eine Welt ohne Nuklearwaffen, in der jeder sicherer ist.“ - Außenminister Kurz im September 2017
Kontakt und weiterführende Links:
International Campaign to Abolish Nuclear Weapons:
ICAN Austria | ICAN Deutschland | ICAN International
Betrifft Frieden, Ausgabe 5 /2020
Ein Statement von AbFaNG, dem Aktionsbündnis für Frieden, aktive Neutralität und Gewaltfreiheit
Sie lasen einen Blogbeitrag einer Mitgliedsorganisation von SDG Watch Austria. Die darin enthaltenen Meinungen sind keine Positionen von SDG Watch Austria oder von ÖKOBÜRO als Medieninhaber.
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