SDG Fokusbeitrag 6/22: Perspektiven auf SDGs & LGBTIQ+

Mit Beiträgen von Südwind, der Bundesjugendvertretung und Literaturtipps von Frauen*Solidarität.

Beitrags-Übersicht:
 

●  Perspektiven auf SDGs & LGBTIQ+ (BJV)
●  Bildung für nachhaltige Entwicklung (Südwind)
●  Literaturtipps von Frauen*Solidarität

 Erfahre hier mehr über unsere monatlichen Fokusbeiträge.

* LGBTIQ+ / LGBTQIA+ / LGBTQIA* ... : Der Begriff ergibt sich aus den englischen Anfangsbuchstaben von Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Intersex, Queer und Asexual. Das Plus bzw. der Stern soll außerdem weitere Menschen einschließen, deren sexuelle Orientierung oder Identität sich nicht in diesen Bezeichnungen widerspiegelt. Mehr dazu erfahren.

Perspektiven auf SDGs & LGBTIQ+

Bundesjugendvertretung

Die SDGs sollen anregen, mutige Lösungen für die größten Herausforderungen unserer Zeit zu finden. Herausforderungen, denen wir uns alle stellen müssen, die aber manche eben noch stärker betreffen als andere. Alle SDGs sind relevant für alle Menschen. Wir wollen einen genaueren Blick auf jene werfen, die von besonderer Bedeutung für junge Menschen, die der LGBTIQ+-Community angehören, sind.

Die Bundesjugendvertretung setzt sich als Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche in Österreich auf unterschiedliche Weise auch dafür ein, dass junge Menschen in der Umsetzung der Agenda 2030 in Österreich besonders berücksichtigt werden und leistet einen Beitrag dazu, die Agenda 2030 bei jungen Menschen bekannter zu machen. 

Dies passiert u.a. durch das UN-Jugenddelegierten Programm, welches seit 2012 Jugendpartizipation auf internationaler Ebene im höchsten politischen Gremium ermöglicht. Ein wichtiger Aspekt und Themenschwerpunkt der Arbeit der UN-Jugenddelegierten sind die SDGs und sie auch bei jungen Menschen bekannter zu machen und ihre Wünsche, Forderungen und Gedanken dazu für die Repräsentation bei der UNO einzuholen.

SDG-Workshop: Leading with P.R.I.D.E.

Der ehemalige UN-Jugenddelegierte Patricio Unter hat sich im Rahmen dessen besonders mit den SDGs und Perspektiven junger LGBTIQ+-Personen auseinandergesetzt. In einem Workshop für und mit jungen LGBTIQ+-Personen wurden die SDGs gemeinsam erarbeitet, ihre Relevanz für LGBTIQ+-Personen diskutiert (u.a. angelehnt an die Forderungen von Stonewall) und eigene Forderungen formuliert. Das Fazit der involvierten jungen Menschen: LGBTIQ+-Themen finden explizit zu wenig Platz in der Agenda 2030 und müssen bei manchen SDGs besonders stark berücksichtigt werden. Ganz nach dem Motto „Leave No One Behind“ ist es wichtig, hier ein besonderes Augenmerk darauf zu legen. SDGs, die dabei unter vielfältigen Aspekten besonders in den Vordergrund rückten sind SDG 5: Geschlechtergleichheit, SDG 10: Weniger Ungleichheiten und SDG3: Gesundheit und Wohlergehen. 

Mehr Infos zu Patricios Workshop zum Thema und Auszüge aus Forderungen der jungen Menschen sind ab Seite 40 der Publikation des Verein für Bildung Popedu zu finden - Booklet: Leading with P.R.I.D.E. Materials for LGBTIQ+ Youth Workers

SDG3 ist maßgeblich für das Wohlergehen junger Menschen in der LGBTIQ+-Community

Angelehnt an unsere aktuelle Kampagne wollen wir besonders die Wichtigkeit des SDG 3 für junge Menschen, die der LGBTIQ+-Community angehören, hervorheben.  In den letzten zwei Jahren haben wir gesehen, dass besonders junge Menschen überproportional oft und stark von psychischen Gesundheitsproblemen betroffen sind. Menschen, die sich als LGBTIQ+ identifizieren, sind im Laufe ihres Lebens mit größerer Wahrscheinlichkeit von psychischen Gesundheitsproblemen betroffen als die breite Bevölkerung. Dies liegt daran, dass LGBTIQ+-Personen Mobbing, Ablehnung, Stigmatisierung und Diskriminierung erfahren, was allzu oft zu geringem Selbstwertgefühl, Depressionen, Angst und Isolation führt.

Junge Menschen, die der LGBTIQ+-Community angehören verdienen deswegen besondere Aufmerksamkeit. Dabei müssen Geschlechterungleichheiten auch immer in Beziehung mit anderen Ungleichheiten gedacht werden und intersektionalen Diskriminierungsformen entgegengewirkt werden. Die BJV fordert in ihrer 10-Punkte Charta dringend notwendige Maßnahmen für ein gesundes Leben von Kindern und Jugendlichen.

Aufholbedarf bei LGBTIQ+-Rechten in Österreich

Auch in Österreich gibt es noch Aufholbedarf um allen jungen Menschen die gleichen Chancen und Schutz vor Diskriminierung zu ermöglichen. Verbunden mit SDG 5 und SDG 10 legt die BJV im Positionspapier „Frauenpolitik“ ein besonderes Augenmerk auf junge Menschen die der LGBTIQ+-Community angehören. In diesem Positionspapier fordern wir u.a. die Ausweitung des Diskriminierungsschutzes auf Benachteiligungen aus Gründen der sexuellen Orientierung, des Alters, der Religion oder Weltanschauung auch außerhalb der Arbeitswelt; sowie das Verbot von nicht überlebensnotwendigen Operationen an intergeschlechtlichen Kindern gleich nach der Geburt.

Kontakt für Rückfragen:
Natalie Haas, Referentin für Kinder- und Jugendpolitik
natalie.haas@bjv.at

Bildung für nachhaltige Entwicklung

SÜDWIND

LGBTIQ+ und die SDGs

Das SDG 5 für Gendergleichstellung ist grundsätzlich sehr binär formuliert und spricht die Rechte von Menschen, die sich nicht in der binären Geschlechterdefinition wiederfinden, nicht explizit an. Dennoch sind die Geschlechtergerechtigkeit und gendersensible Bildung wichtige Hebel, um heteronormative Zuschreibungen und Diskriminierungen zu bearbeiten.

Wie die Benachteiligung von Frauen und Minderheiten, ziehen sich auch die Fragen der Diskriminierung von LGBTIQ+-Personen quer durch die verschiedenen Bereiche der Agenda 2030 durch. Um nur ein Beispiel in Zusammenhang mit Armut, Gleichheit und städtischer Infrastruktur zu nennen: Wie das Südwind Magazin 2017 berichtete, identifizieren sich 20 bis 40 Prozent der obdachlosen Jugendlichen in den USA, im Vereinigten Königreich und in Kanada als LGBT+ (Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender) (siehe hier).

In Österreich wurde 2018 ein neues Unterrichtsprinzip erlassen, das „zum Abbau von kulturell tradierten Geschlechterstereotypen und patriarchalen Rollenzuweisungen beitragen soll.“: „Die öffentliche Schule soll einen neutralen Rahmen zur Verfügung stellen, in dem alle Kinder und Jugendlichen die sie betreffenden Themen in altersadäquater Weise im Sinne einer lebendigen Diskussions- und Streitkultur und frei von religiös oder kulturell begründeten Denkverboten diskutieren können.“ (Quelle BMBWF)

Gender-Check für Schulen, ein Medienpaket und ein Methoden-Handbuch für gendersensible Entwicklung

Südwind setzt sich in verschiedenen Projekten mit Gendergerechtigkeit auseinander und bietet Pädagog*innen Unterstützung für die Umsetzung des neuen Unterrichtsprinzips zu reflexiver Genderpädagogik und Gleichstellung. Die Südwind-Bibliotheken bieten aktuelle gendersensible Kinder- und Jugendliteratur und seit 2022 ein Medienpaket zum Thema, das Schulen, Jugendzentren und öffentliche Bibliotheken für ein paar Monate entlehnen können (siehe hier).

Auf www.suedwind.at/gecm gibt es neben Literaturempfehlungen und einem übersichtlichen Methoden-Handbuch auch einen Gender-Check für Schulen: Neben der Organisation der Schulgemeinschaft (Leitbild, Personalentwicklung) und dem räumlichen Lern- und Schulumfeld (Gebäude, Garten, Schulhof) sind damit auch die Lerninhalte (Unterrichtsgestaltung, Schulbücher und Materialien), die Beziehungsebene und das Umfeld (Familien, Gemeinde, andere Bildungseinrichtungen) abgedeckt.

In Seminaren und Fortbildungen bringt Südwind die Materialien und Methoden Lehrer*innen, Trainer*innen und Lehramtsstudierenden näher, zum Beispiel mit ausgewählten Impulsfilmen, die binäre Geschlechterrollen hinterfragen. So entstand auch an der Pädagogischen Hochschule OÖ im Rahmen einer gemeinsamen Lehrveranstaltung ein kurzes Video, das sich dafür eignet, das Thema auch in der Volksschule aufzugreifen.

Für die Erwachsenenbildung bietet die Eduskills-Plattform eine Auswahl an Methoden zu sexueller und geschlechtlicher Vielfalt (siehe hier). Im Bereich Reflections finden sich hingegen Unterrichtskonzepte für die Sekundarstufe zu kritischem und einfühlsamen Denken. Ein neues Modul zu Homo- und Transphobie ist bereits entwickelt und wird derzeit getestet, bevor es 2023 auf der Plattform ergänzt wird (siehe hier).

In der Digitalen Bibliothek von Südwind stehen außerdem die Methodensammlung „Auf Augenhöhe?! Geschlechtergleichstellung erreichen" für die Sekundarstufe und viele weitere Materialien für unterschiedliche Altersgruppen hier zum kostenlosen Download zur Verfügung.

Südwind Medienkoffer Geschlechtergerechtigkeit

Literaturtipps von Frauen*Solidarität

Free reads aus der frauen*solidarität:

Zeitschriftenartikel aus dem Archiv der Frauen*solidarität in der C3-Bibliothek für Entwicklungspolitik (auf Nachfrage auch online verfügbar):

  • Hearing Silences von Mardiya Siba Yahaya, f*s 159/2022,
    The violence that queer Muslim women experience online and on social media is inseparable from the patriarchal power dynamics in the offline world. This violence often spills over into the analogue world. There is a danger of violence in being invisible. However, invisibility is not an option, so these queer Muslim women create content.
  • Geschlechtervielfalt ist Alltag! Warum ein Umdenken endlich stattfinden muss. Interview mit Persson Perry Baumgartinger, f*s 159/2022,
    Die Annahme, dass es nur zwei Geschlechter gebe, bestimmt, wie wir uns politisch und sozial organisieren, und hat ökonomische Auswirkungen auf unseren Alltag. Ein Alltag, der sich weltweit durch Geschlechtervielfalt auszeichnet. Andreea Zelinka hat mit Persson Perry Baumgartinger über die Ursprünge der herrschenden Geschlechternormen gesprochen.
  • Jenseits der Binarität. Geschlechtsspezifische datenbasierte Ausgrenzung in Südasien. Brindaalkshmi.K, f*s 156/2021,
    In diesem Artikel geht es um die Probleme und Schwierigkeiten von trans Personen in Südasien ihre Identität in digitalen Registraturen aufnehmen zu lassen.

Und weiters Literaturtipps aus dem Bestand der Frauen*solidarität der C3-Bibliothek:

Sie lasen einen Blogbeitrag einer oder mehrerer Mitgliedsorganisationen von SDG Watch Austria. Die darin enthaltenen Meinungen sind keine Positionen von SDG Watch Austria oder von ÖKOBÜRO als Medieninhaber.