Klimakrise und Armut: Wie Armutsbetroffene unter den Folgen des Klimawandels leiden

Beitrag von der Volkshilfe Österreich

In der Studie „Betroffen von der Klimakrise“ hat die Volkshilfe gemeinsam mit dem Klimaschutzministerium 100 armutsbetroffene Menschen aus ganz Österreich gefragt, wie sie den Klimawandel im eigenen Alltag erleben. Die Ergebnisse zeigen: Menschen, die wenig Geld haben, können sich schlechter vor den Auswirkungen des Klimawandels schützen. Gleichzeitig tragen sie aber weniger zur Erderwärmung bei, da sie wegen ihrem Lebensstandard wenig CO2 ausstoßen. 

Ein Großteil der Befragten findet, dass die Klimakrise ein großes Problem darstellt. 77% sind besorgt oder sehr besorgt über den Klimawandel. 80% spüren die Auswirkungen der Klimakrise stark oder sehr stark in ihrem eigenen Leben. Besonders die Hitze wirkt sich negativ auf die Gesundheit aus. Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen erleben besonders starke Belastungen, wie diese Frau schildert: „Ich ertrage die Hitze nicht. Aufgrund meiner Behinderung bin ich auf Krücken angewiesen. Das ist bei Hitze viel anstrengender.“ Auch Kinder sind durch die Hitze besonders gefährdet. Das zeigt auch eine Studie der Volkshilfe und der Gesundheit Österreich GmbH aus dem Jahr 2023. Während Hitzewellen bemerken viele Eltern negative Auswirkungen auf die Gesundheit ihrer Kinder, wie zum Beispiel Übelkeit, Ausschläge oder Kopfschmerzen. Kinder haben bei hohen Temperaturen auch mehr Stress und verhalten sich aggressiver.

Häufig sind die Wohnbedingungen der Grund für die hohe Hitzebelastung. Familien mit wenig Einkommen leben meist auf engem Raum, der sich schnell aufheizt. Die Wohnungen sind auch oft nicht gut isoliert und schützen deshalb nicht ausreichend vor Hitze oder Kälte. Armutsbetroffene leben außerdem öfter in dicht bebauten Vierteln mit wenig Grün, in denen es besonders heiß wird. Auch andere extreme Wetterereignisse, zum Beispiel Hochwasser, treffen armutsbetroffene Menschen besonders hart. Sie können es sich oft nicht leisten das eigene Haus nach einer Überschwemmung wiederaufzubauen oder zu sanieren.

Armut führt dazu, dass Betroffene einen kleineren ökologischen Fußabdruck haben. Das gilt vor allem für die Bereiche Konsum und Mobilität. Zum Beispiel sind 90% der Befragten in den letzten fünf Jahren nicht oder überhaupt noch nie mit dem Flugzeug geflogen. Energiesparen ist für die Befragten selbstverständlich: 95% versuchen in ihrem Alltag Energie zu sparen, um die Kosten gering zu halten.

Ein zentrales Ergebnis aus dem Projekt ist, dass armutsbetroffene Menschen mehr Unterstützung bei der Anpassung an den Klimawandel brauchen. Wichtig dafür wäre die Verbesserung der Wohnbedingungen, zum Beispiel durch Sanierungen. Außerdem muss es im öffentlichen Raum mehr Orte geben, in denen sich Menschen gratis abkühlen oder aufwärmen können. Mehr klimafreundliche und leistbare Angebote wären nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für Menschen mit wenig Geld.    

Klimapolitik muss die Lebensbedingungen von Menschen mit wenig Einkommen berücksichtigen. Zum Beispiel muss dafür gesorgt werden, dass sie sich besser vor Klimafolgen schützen können. Es braucht daher mehr Möglichkeiten der Mitsprache für Armutsbetroffene. Deshalb organisierte die Volkshilfe im Rahmen des Projekts Veranstaltungen, zu denen armutsbetroffene Klient*innen persönlich eingeladen wurden. Sie konnten sich dort entweder untereinander oder direkt mit Politiker*innen oder Beamt*innen austauschen. Ihre Erfahrungen, Belastungen und Unterstützungsbedarfe in Bezug auf Klimaveränderungen standen dabei im Zentrum.

Um Beteiligung möglich zu machen war es notwendig, die Veranstaltungen zielgruppengerecht zu gestalten. Thema, Sprache, Ort oder Zeitpunkt spielen dabei eine wichtige Rolle. Basierend auf den Erfahrungen aus dem Projekt hat die Volkshilfe Empfehlungen für Klimagespräche mit Armutsbetroffenen entwickelt. Diese können in der Broschüre „Perspektiven armutsbetroffener Menschen auf die Klimakrise“ (2024) nachgelesen werden.  


Quellen:
Forschungsbericht: BMK (2024): „Betroffen von der Klimakrise. Ein Projekt zur Perspektive von armuts- und ausgrenzungsgefährdeten Menschen auf die Klimakrise und deren Folgen.“ Volkshilfe, BMK, Wien.

Broschüre: BMK (2024): „Perspektiven armutsbetroffener Menschen auf die Klimakrise - Wege zu einer armutssensiblen Klimakommunikation“, Volkshilfe, BMK, Wien.

Artikel:
Aigner, Ernest; Lichtenberger, Hanna; Brugger, Katharina; Schmidt, Andrea (2023): „Armutsgefährdete Kinder in der Klimakrise: Betroffene, Anpassung und soziale Infrastruktur.“ Endbericht von StartClim2022.A in StartClim2022: Schlüsselmaßnahmen, Messbarkeit und Notfallszenarien, Auftraggeber: BMK, BMWFW, Klima- und Energiefonds, Land Oberösterreich

Allinger, Laura; Chahrour, Marie; Larcher, Anna; Lichtenberger, Hanna (2024): „Im Sommer ist die Wohnung zu warm, im Winter zu kalt.“ Klimasoziale Maßnahmen zur Bekämpfung von Wohnbelastungen Armutsbetroffener. Hubert Eichmann, Ursula Filipič, Sarah Nowak, Sybille Pirklbauer (Hg.): AK Wien, Wien.