Nachlese: SDG Dialogforum Kärnten, 13.11.2024

Was braucht es, um eine lebenswerte Zukunft in einer gesunden Umwelt zu schaffen? Wie kann Nachhaltigkeitspolitik verschiedenste Lebensrealitäten berücksichtigen und den Anliegen junger Menschen gerecht werden? Wie können Gemeinden und Städte einen Beitrag zur Lösung globaler Herausforderungen leisten?

Diesen und vielen weiteren Fragen stellten sich die knapp 100 Teilnehmenden beim SDG Dialogforum Kärnten in Mallnitz, das am 13.11.2024 eine vielfältige Auswahl an Diskussionsformaten und Themen bot. Die Veranstaltung wurde von SDG Watch Austria in Kooperation mit dem Land Kärnten, dem Nationalpark Hohe Tauern Kärnten und vielen weiteren Partner:innen organisiert und aus Mitteln der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit gefördert.


Tipp: Ausgewählte Videos der Veranstaltung sind jetzt auf unserem Youtube-Kanal verfügbar!
Fotos findet ihr in unserem Flickr-Account


Anlässlich der Verankerung der Ziele für Nachhaltige Entwicklung (SDGs) im Kärntner Regierungsprogramm, lag es nahe, das Format der erfolgreichen SDG Dialogforen auf Bundesebene weiterzuentwickeln und regionale Akteur:innen vor den Vorhang zu holen. Das Ziel des SDG Dialogforums Kärnten war es, Diskussionen über eine „gute Zukunft für alle“ mit möglichst vielen unterschiedlichen Stimmen aus der Gesellschaft zu ermöglichen und dabei Soziales, Umwelt und Wirtschaft zusammenzudenken. Ein besonderer Fokus lag darauf, Perspektiven junger Menschen und aus Ländern des Globalen Südens einzubinden.

Nach einer Eröffnung durch Landesrätin Sara Schaar, Botschafter Peter Huber (Leiter der Sektion Entwicklung im BMEIA), Bernhard Zlanabitnig (Steuerungsgruppe von SDG Watch Austria) und Barbara Pucker (Direktorin Nationalpark Hohe Tauern Kärnten), richtete das Publikum seine Aufmerksamkeit auf die Schülerin Elisabeth Stroh und die Studentin Benedicta Opis. Denn diese präsentierten die Ergebnisse des Rebels of Change Jugendforums, das im Mai 2024 mit rund 100 Teilnehmenden stattgefunden hatte. Benedicta und Elisabeth luden die Gäste ein, sich mit ihren Sitznachbar:innen über globale Herausforderungen wie die Wahrung von Menschenrechten entlang von Lieferketten, Klimaschutz u.v.m. zu unterhalten und sich auf Ihre Vision für eine gute Zukunft einzulassen. Das Manifest des Rebels of Change Jugendforums kann hier nachgelesen werden. 

v.l.: Elisabeth Stroh, Benedicta Opis, Joschi Peharz (Moderator)

Themenvielfalt durch Kooperation von NGOs, Jugend, Verwaltung & Wissenschaft

Die anschließenden Workshops und Diskussionen, die in vier unterschiedlichen Räumen gleichzeitig stattfanden, zeigten nicht nur, wie vielfältig nachhaltige Entwicklung ist, sondern auch das bereits große Engagement in Kärnten und darüber hinaus: Die einzelnen Programmpunkte waren durch die Zusammenarbeit zwischen der Kärntner Verwaltung, gemeinnützigen Organisationen, der Wissenschaft und vielen weiteren Partner:innen entstanden. 

Für die Konzeption wurde das Eventteam zudem von jungen Menschen unter 25 Jahren aus Kärnten und Wien beraten, wodurch auch Ideen für den Workshop „Junge Stimmen für eine (Arbeits-)welt der Zukunft“ erarbeitet wurden. Ziel dieses sogenannten „Youth Sounding Boards“ war es, die Anliegen junger Menschen besser im Programm des Dialogforums abzubilden und die Inhalte verständlicher zu gestalten. 

Die Vormittagsworkshops und ihre Ergebnisse:

(Weitere Infos zu den Sessions finden sich im Veranstaltungsprogramm ab S. 4) 

1. Globale Verantwortung in Kärnten: nachhaltige Beschaffung am Beispiel der Kakaobohne
Hosted by: Dreikönigsaktion, Umweltreferat der katholischen Kirche, Land Kärnten

In diesem Workshop beschäftigten sich die Teilnehmenden anhand der Lieferkette von Kakao mit dem Thema der nachhaltigen Beschaffung und der Frage, wie Kinderarbeit verhindert werden kann. Die Teilnehmenden erfuhren, dass schlechte Arbeitsbedingungen oder Umweltschäden oft Teil von Produktionswegen sind und dass ganz besonders Europa aufgrund seines hohen Konsumverhaltens große Verantwortung für faire Bedingungen in der Lieferkette trägt. Verschiedene Qualitätssiegel und -merkmale, die für eine faire und umweltschonende Produktion stehen, wurden diskutiert und bezüglich ihre Vertrauenswürdigkeit hinterfragt. Darüber hinaus erarbeiteten die Teilnehmenden verschiedene Möglichkeiten, wie sie Verantwortung in der Lieferkette übernehmen können. Die Ergebnisse waren u. a.: bewusster zu konsumieren, auf regionale und saisonale Produkte zu achten, zum Teil auch Konsumverzicht von nicht fairen und umweltfreundlichen Produkten, positive Bilder und Vorbilder zu schaffen, sich politisch und zivilgesellschaftlich einzubringen (z.B. über die Initiative Kinderarbeit Stoppen der Dreikönigsaktion) und wiederverwendbare statt Wegwerfprodukte zu nutzen. Als wesentlich wurde besonders der Faktor Bildung erachtet - sowohl für Einzelpersonen als auch für Unternehmen und für die Gemeinde-, Länder und Bundesebene. Der gesamte Workshop und die Diskussionen verdeutlichten, dass sowohl viel Wissen über die Auswirkungen unseres Konsumverhaltens als auch das Bewusstsein über die Tragweite unserer Lieferkettenverantwortung noch immer fehlen. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass der Druck für eine faire Lieferkette nicht allein bei den Endkonsument:innen liegen dürfe. Es brauche darüber hinaus die Etablierung und Verankerung des in der EU bereits beschlossenen Lieferkettengesetzes in Österreich und klare Umsetzungsmaßnahmen in Kärnten, damit nachhaltig faire Bedingungen für Mensch, Tier und Umwelt erreicht werden können.

Speaker:innen:  

  • Marlene Ulbing und Jessica Weyrer – Dreikönigsaktion, Hilfswerk der katholischen Jungschar
  • Ulrike Wöhlert – Umweltreferat der katholischen Kirche
  • Helmut Serro – Land Kärnten, Abteilung 8: Umwelt, Naturschutz und Klimaschutzkoordination

2. Junge Stimmen für eine (Arbeits-)Welt der Zukunft
Hosted by: EqualiZ, SDG Watch Austria, mit Ideen von Jugendlichen aus Kärnten und Wien (Youth Sounding Board)

Im Zentrum des Workshops von EqualiZ – gemeinsam vielfältig standen die Bedürfnisse junger Menschen für ihre Zukunft, ihre berufliche Laufbahn und ihre Möglichkeiten für Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung. Die Teilnehmenden tauschten sich zunächst fernab von Regeln, Strukturen, aktuellen Gegebenheit, Jobprofil etc. über folgende Frage aus: „Wie will ICH eigentlich wirklich arbeiten?“  Die Ergebnisse wurden auch mit den Anliegen verglichen, die im Rahmen der Zusammenarbeit mit Jugendlichen des Youth Sounding Boards und von EqualiZ gesammelt wurden. Als Visionen identifizierten die Teilnehmenden u.a.: Flexibilität, weniger Hierarchie, Vereinbarkeit, bessere Betreuungseinrichtungen u.v.m.

Anschließend sprachen Birgit Kronig (Nachhaltigkeitsbeauftragte und Qualitätskoordinatorin, AMS Kärnten) und Elke Grote  (Koordinierungsstelle Kärnten AusBildung bis 18 – KOST) in Redebeiträgen darüber, wie sich die Arbeitswelt verändert, das Verhältnis von Wunsch und Wirklichkeit oder auch Geschlechtergleichstellung im Spannungsfeld von Mehrfachbelastungen (sog. intersektionale Aspekte) auf politischer und privater Ebene.

Die Informationen dienten auch als Impulse für die anschließenden Kleingruppendiskussionen („VisionLabs“), welche zu folgenden Ergebnissen kamen:

Ökologische und soziale Verantwortung von Arbeitgeber:innen (Mobilität, Betreuung, Transparenz, Anreize für Mitarbeiter:innen etc.):  Die Gruppe kam zu dem Ergebnis, dass politische Grundlagen geschaffen werden müssen und Veränderungen konsequent fortgesetzt werden müssen (z.B. mit Förderprogrammen, Fortbildungsangeboten u.v.m.), damit Arbeitgeber verstärkt sozial und ökologisch handeln. Maßnahmen müssten dabei von allen getragen werden, denn Führungskräfte hätten Vorbildwirkung und gute, sichere Arbeitsplätze in verantwortungsbewussten Unternehmen seien auch für junge Menschen interessant.

Persönliche Ansprüche von Arbeitnehmer:innen und deren Umsetzung (Work- Life-Balance, Arbeitszeiten, erfüllender Beruf, Ausbildung etc.): Zentrale Faktoren, die von den Teilnehmenden genannt wurden waren: hohe Flexibilität, die Qualität von Betreuungseinrichtungen und Vereinbarkeit, Regelungen für Online-Jobs, Anpassungen bei Mindestlohn und Lohnsteuer, Einbindung in Entscheidungsprozesse, aber auch Änderungen im Bildungswesen (z.B. Schwerpunktmodule in Schulen und eine Reform der Lehrer:innenausbildung).   

Geschlechtergleichstellung und Wert von bezahlter und unbezahlter Arbeit in der Gesellschaft (Sorge-Arbeit bzw. Care-Work gegenüber klassischen Jobs u.v.m.): Die Gruppe kam zu dem Ergebnis, dass ein großer Unterschied darin besteht, wie Arbeit generell in unserer Gesellschaft bewertet wird und welche Arbeit bezahlt bzw. unbezahlt geleistet wird. Der Großteil unbezahlter Care Arbeit wird von Frauen geleistet und stellt für viele ein privates Problem dar. Dies muss aus Sicht der Gruppe aber unbedingt politisch diskutiert und gelöst werden, damit Frauen (insbesondere Alleinerzieherinnen) in Zukunft nicht mehr so stark von (Alters-)Armut betroffen sind. Außerdem wurde die Forderung laut, dass generelle Themen der Gleichstellung und Chancengleichheit (Vereinbarkeit, Zukunftsperspektiven, Lebensplanung, Rollenzuschreibungen) bereits in der Ausbildung von Fachkräften im Bildungsbereich stärker verankert werden müssen, um damit einen Mulitplikator:inneneffekt in der Gesellschaft zu erzielen.

Powerpoint-Präsentation zum Workshop downloaden

Gemeinsam diskutierten die Teilnehmenden Visionen und Lösungsansätze (c) NPHT Justina Heinz

3. Lokale Konflikte rund ums Klima: Lösungsansätze und Good Practice für Gemeinden
Hosted by:Austrian Centre for Peace (ACP), ÖKOBÜRO – Allianz der Umweltbewegung

Im großen Nationalparksaal beschäftigten sich die Teilnehmenden mit der großen Frage, welche Lösungsansätze es bei Konflikten wie dem Ausbau von Erneuerbaren Energien oder der Veränderung von Umweltbedingungen (z.B. Wasserknappheit aufgrund des Klimawandels) gibt und welche Rolle dabei die Beteiligung verschiedenster Personen und Gruppen spielt.  

Nach einem Vortrag von Sophia Stanger (ACP), die grundsätzliche Herausforderungen bei Konflikten im Bereich Klima und Umwelt erklärte und Ansätze aus der internationalen Friedensarbeit einbrachte, berichteten zwei online zugeschaltete Gäste über ihre Erfahrungen mit konkreten Konflikten oder konfliktanfälligen Projekten:

Arnold Schweifer – Referatsleiter für überörtliche Raumplanung im Amt der Burgenländischen Landesregierung, sprach über die Beteiligungsformate im Kontext des Windkraft-Ausbaus im Burgenland. Er erklärte u.a., dass die Bereitschaft der burgendländischen Politik, Windkraft umzusetzen und klare Zonierungen vorzunehmen, ein wichtiger Faktor war. Aber auch, die frühzeitige Klärung wesentlicher Fragen im Rahmen des Einbindungs- und Mediationsprozesses habe dazu geführt, dass die Umsetzung später konfliktarm und rasch gelang.  

Jeylan Woliyie – Vizepräsident für Administration und Studentische Angelegenheiten an der Haramaya Universität in Äthiopien – berichtete live aus Äthiopien darüber, wie  Konflikte über Wasserknappheit am Haramaya-See durch die Einbindung der lokalen und indigenen Bevölkerung erfolgreich bearbeitet wurde. Dabei wurden Ansätze rund um nachhaltige Landwirtschaft, Konfliktbearbeitung und Umweltschutz kombiniert und indigenes Wissen angewandt.   

Anschließend waren alle Teilnehmenden vor Ort eingeladen, über ihre Erfahrungen mit Konflikten im Kontext von Umwelt und Klima zu berichten und eigene Erkenntnisse zu teilen. Das Fazit der Session: Konflikte können als Baustein für Transformation gesehen werden und sollten aktiv angegangen werden. Denn die meisten Reibungspunkte, z.B. zwischen lokalem Naturschutz und globalem Klimaschutz, können mit einer langfristigen Planung, klaren Abläufen und intensiver Kooperation aller Stakeholder funktionieren.

Fishbowl-Diskussion rund um Erfahrungen und Lösungsansätze bei Umwelt- und Klimakonflikten © NPHT Justina Heinz

4. Aktiv gegen Kinderarmut in Kärnten
Hosted by: Arbeitsgruppe des Seminars “Armut – Armutsdiskurse – Armutsbekämpfung. Nationale und internationale Herausforderungen” der Universität Klagenfurt, inhaltlich unterstützt durch das Kärntner Netzwerk gegen Armut und soziale Ausgrenzung.

Die Teilnehmenden des Workshops diskutierten darüber, welche Ziele neben “SDG 1: Armut beseitigen” noch in einen Zusammenhang mit Kinderarmut stehen und welche Lösungskonzepte es geben könnte:   

SDG 2: Kein Hunger. Auch in Österreich gibt es Kinder, die nicht genügend zum Essen bekommen und/oder sich nur ungesund ernähren können. Die Teilnehmenden schlugen daher vor, Verpflegungsangebote an Schulen/Kindergärten auszubauen. Projekte wie der “Breakfast Club Kärnten” sollen möglichst ausgebaut werden. Dieser bietet z. B. in manchen Schulen allen Kindern in der Früh die Möglichkeit eines kostenlosen Frühstücks. 

SDG 4: Hochwertige Bildung. Inklusive, gleichberechtigte Bildung gewährleisten und Möglichkeiten für lebenslangen Lernens für alle fördern: Auch in Österreich haben Kinder ungleiche Bildungschancen. Die Teilnehmenden kamen zu dem Schluss, dass es mehr Bildungsgerechtigkeit brauche, damit alle Menschen Zugang zu hochwertiger Bildung haben. Sie wiesen darauf hin, dass auch Menschen, die noch nicht lange in Österreich sind, in der Schule nicht diskriminiert werden und gleiche Chancen bekommen sollten.  Alle Kinder sollten an umfangreicher Bildung teilnehmen können. Vorgeschlagen wurden außerdem Lerncoaching und Mentoring für Schüler:innen und Jugendliche in der Berufswahl-Phase sowie regelmäßige Evaluation der Wirksamkeit in der Schule (Lehrer:innen müssen reflektieren, wie sie Kinder und Jugendliche wirklich abholen können und so verhindern, dass so viele durch das Bildungsnetz fallen.)

SDG 10: Weniger Ungleichheiten. Alle Menschen sollen gleiche Lebenschancen haben, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit. Kritisiert wurde u. a., dass es kaum regionale oder städtische Angebote gebe oder es an Transparenz/Aufklärung fehle. 

Zur gesamten Zusammenfassung des Workshops inkl. Tipps zum Weiterlesen.

© NPHT Justina Heinz

Podiumsdiskussion: über positive Entwicklungen und bevorstehende Herausforderungen


Nach dem Mittagessen diskutierten ein hochrangiges Podium gemeinsam mit Moderator Joschi Peharz über die Ergebnisse der Vormittagssessions. Dabei bewegte sich die Diskussion zwischen so vielfältigen Themen wie Kinderarmut, Klimaschutz, Entwicklungszusammenarbeit, Mobilität und der Einbindung der Zivilgesellschaft in Kärnten. Die Diskussion verdeutlichte einmal mehr, weshalb wir soziale, ökologische und wirtschaftliche Aspekte nicht nur isoliert betrachten können, sondern sie auch in einem größeren Zusammenhang sehen sollten, um gute Lösungen für die Zukunft zu finden.  

So erklärte Landeshauptmann Peter Kaiser u.a., weshalb und wie seine Regierung sich an den UN-Nachhaltigkeitszielen orientiert: “Wir haben versucht, ein Regierungsprogramm zu erstellen, das konkrete Maßnahmen herausfordert, 316 an der Zahl, die wir (…) mit einem digitalisierten Programm auf ihren jeweiligen Umsetzungsgrad überprüfen.” Das soll es ermöglichen, der Politik “einen Spiegel vorzuhalten”. Man müsse regional und lokal auch den Mut und die Anstrengung auf sich nehmen, nach eigenen Wegen zu finden, die Sustainable Development Goals umzusetzen, so Kaiser.

Gleichzeitig wurde deutlich, dass nachhaltige Entwicklung aus Kärnten heraus auch im überregionalen und globalen Kontext eine Rolle spielt, nicht nur durch Zusammenarbeit in konkreten Projekten im Ausland, sondern auch durch das Übernehmen von Verantwortung, z.B. durch Klimaschutzmaßnahmen, nachhaltige Beschaffung u.v.m. Bettina Zangl-Jagiello von der Caritas Auslandshilfe Kärnten erklärte z. B., dass aktuell Menschen in ihren Projektländern die Auswirkungen des Klimawandels deutlich zu spüren bekommen würden. Sie meinte auch, man könne noch viel mehr in der Entwicklungszusammenarbeit tun, damit Projekte aus Kärnten noch mehr bewegen können. “Ich sehe das hier als Anlass noch mehr auf andere Netzwerkpartner in Kärnten zuzugehen und auch gemeinsam zu denken, wie wir unsere Arbeit im Globalen Süden verstärken und noch bewusster in Kärnten machen können”, fügte Sie an.

Lena Rauter, CliMates Austria, erklärte, dass internationale Zusammenhänge durchaus auch in Kärnten relevant sind, nicht zuletzt erkennbar durch Hochwasser und andere Naturereignisse. Aber auch, dass “auch ein Bundesland, das so klein ist wie Kärnten, große Auswirkungen auf nationale, aber auch internationale Prozesse haben kann.” Sie erklärte außerdem, dass die Einbindung von u.a. Jugendlichen und NGOs in Umsetzungsprozesse besonders wichtig sei.

Alle Gäste zeigten sich einig darüber, dass der Dialog mit Stakeholdern, wie er beim SDG Dialogforum stattfand, wichtig für gute Zukunftslösungen ist. “Das ist das erste Mal, dass so eine Veranstaltung regional durchgeführt wird. Das heißt, Kärnten versteht seine Rolle”, erklärte beispielsweise Oke Anyanwu, Experte für transformative Bildung, der selbst in Kärnten lebt.

Bildung für nachhaltige Entwicklung wurde von den Podiumsgästen nicht zuletzt als wichtiger Faktor identifiziert, um globale Zusammenhänge zu verstehen, Verantwortung zu übernehmen und positive Veränderungen voranzutreiben. Diese Veränderungen müssten jedoch gemeinsam mit der Bevölkerung passieren und Einbindung ermöglichen. “Botschaften und Informationen müssen zielgruppengerecht aufbereitet und in die Gesellschaft hineingetragen werden, damit die Bürger:innen verstehen können, was die Regierung macht.”, erklärte der Bildungsexperte.

v.l.: Peter Kaiser, Lena Rauter, Bettina Zangl-Jagiello, Oke Anyanwu © BKMC Wolfgang Jannach

Workshops am Nachmittag: von Herausforderungen zu konkreten Schritten:

Am Nachmittag fanden erneut parallele Workshops, Vorträge und Diskussionen statt, die sich mit der Umsetzung der Agenda 2030 auf lokaler Ebene, dem Verstehen und Erleben des Klimawandels und Bildung für nachhaltige Entwicklung befassten:  

1. Vom nationalen zum regionalen SDG-Umsetzungsbericht: Nachhaltigkeit auf allen Ebenen gemeinsam gestalten
Hosted by: Bundeskanzleramt, Ban Ki-moon Centre for Global Citizens, Land Kärnten

Erst im Juli 2024 hatte Österreich seinen 2. Freiwilligen Nationalen Umsetzungsbericht (FNU) an die Vereinten Nationen in New York präsentiert, der u.a. die Rolle lokaler Akteur:innen für nachhaltige Entwicklung verdeutlicht. Anhand von Praxisbeispielen, Impulsbeiträgen und einer Podiumsdiskussion zeigte zeigte sich in der Session, dass es durch gute Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern, Städten und Gemeinden möglich ist, die SDGs lokal zu verankern und auch regionale SDG-Umsetzungsberichte ein wirksames Instrument sein.

Letztere könnten in einer Stadt, Gemeinde oder einem Bundesland eine positive Dynamik  erzeugen sowie internationale Beachtung schaffen. So berichtete Andreas Hartmann, Koordinator für Kommunale Entwicklungspolitik aus der Gemeinde Bad Köstritz in Deutschland über den Erfolg des Freiwilligen Umsetzungsbericht auf lokaler Ebene (Voluntary Local Review). Serafin Groebner (Klimaschutzministerium) berichtete zudem über den partizipativen Prozess rund um den 2. FNU, aber auch über die wichtige Arbeit der Nachhaltigkeitskoordinator:innen-Konferenz (NHK-K), um die Kooperation zwischen Bund- und Ländern zu fördern.   

 Die Podiumsgäste waren sich einig, dass die Einbindung und Information der breiten Bevölkerung sowie der Verwaltung weiter gestärkt werden müssen, um die SDGs wirklich auf lokaler Ebene zu erreichen. Jana Berchtold, Jugendbotschafterin der Bundesjugendvertretung ,betonte zudem die Notwendigkeit, junge Menschen besser zu informieren und sie noch aktiver in den Prozess einzubeziehen.

Dass auch das Engagement der Bundesländer eine wesentliche Rolle spielt, verdeutlichte der Nachhaltigkeitskoordinator des Landes Kärnten, Helmut Serro. In Kärnten wären durch das Regierungsprogramm und die gute Vernetzung innerhalb der Verwaltung wichtige Impulse entstandenangestoßen worden. Für eine bessere Vernetzung und das Nutzen von Erfahrungswerten entstand auch die Plattform kommunale Nachhaltigkeit des Städtebundes, über die Alexander Lesigang berichtete.  

Darüber hinaus sei es wichtig, engagierte Menschen zu finden und zu fördern. Der Städtebund, aber auch die Bundesebene - vertreten durch Anna Muner-Bretter, Bundeskanzleramt und Interministerielle Arbeitsgruppe zur Agenda 2030 - betonten ihre Unterstützung für die regionale SDG-Umsetzung. Konkrete nächste Schritte könnten der Ausbau von Beteiligungsprozessen für die Lokalbevölkerung und insbesondere der Jugend sein, ebenso wie eine bessere Kommunikation über den Fortschritt und geplante Meilensteine auf regionaler Ebene. Beides könnte z.B. über die Erstellung regionaler SDG-Umsetzungsberichte gefördert werden.

Moderation: Florian Leregger, LebensArt Verlag
Graphic Recording der Session (erstellt von Lana Lauren)
Powerpoint: Andreas Hartmann
Zum Video der Session

v.l.: Florian Leregger, Anna Muner-Bretter, Andreas Hartmann, Jana Berchtold, Alexander Lesigang, Helmut Serro © BKMC Wolfgang Jannach

2. Klima im Wandel - Forschen und Verstehen
Hosted by: Klimabündnis Kärnten & BIOS Nationalparkzentrum Mallnitz

Dieser Workshop bot eine abwechslungsreiche und interaktive Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der Klimakrise, insbesondere in der Alpenregion. Spielerisch erkundeten die Teilnehmenden zunächst die komplexen Zusammenhänge innerhalb von Ökosystemen und erfuhren, wie Biodiversität über Nahrungsnetze verbunden ist und welche Folgen der Verlust einzelner Arten haben kann. Im Fokus standen ausgewählte Tiere und Pflanzen der Hohen Tauern sowie ihre beeindruckenden Anpassungen an das raue alpine Klima.

Ein besonderes Highlight war die Auseinandersetzung mit dem Gletscherrückgang, veranschaulicht am Beispiel des Gletscherflohs. Die Teilnehmenden spürten hautnah die Auswirkungen des Lebensraumverlusts, indem sie spielerisch die Perspektive des „Gletscherflohs“ einnahmen und dessen Herausforderungen nacherlebten. Ein Experiment rund um den Permafrostgipfel ergänzte das Klimalabor und veranschaulichte die weitreichenden Folgen des Klimawandels für den Alpenraum.

Abschließend wurde gezeigt, wie der Rückgang der Gletscher auch neue Lebensräume schaffen kann und wie Schutzgebiete als Lösungsansätze im Kampf gegen die Klimakrise beitragen. Der Workshop verdeutlichte eindringlich die Dringlichkeit eines Umdenkens.  

Lernszenario “Der Gletscherfloh als Botschafter”

Leitung Workshop: Petra Obernosterer (Klimabündnis Kärnten) und Magdalena Karan (BIOS Nationalparkzentrum Mallnitz)

Im Workshop "Klima im Wandel" stand interaktives Erleben im Vordergrund. © Magdalena Karan

3. „In der Welt zu Hause und in Kärnten daham?” – Bildung als Schlüssel für eine nachhaltige Entwicklung
Hosted by: Südwind, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt

Moderation: Stefanie Preiml, Susanne Loher

Der Workshop stellte die Frage, wie Bildung "transformativ" werden kann, also die Gesellschaft positiv verändern und ein Lernen für die Zukunft ermöglichen kann. Stefanie Preiml von der Universität Klagenfurt gab dafür einen kurzen Überblick über die Optionen, die das Forschungsprojekt UniNEtZ als Handlungsempfehlungen für das Bildungssystem aus wissenschaftlicher Perspektive erarbeitet hat. Hans-Karl Peterlini skizzierte wesentliche Ansätze in einer kurzen Videobotschaft und Susanne Loher gab einen knappen Überblick über konkrete Bildungsangebote, um transformative Bildung in Kärnten zu stärken.  

In der Diskussion gab es reges Interesse für die konkreten anschaulichen Angebote am Beispiel der nachhaltigen Ernährung und ein angeregtes Brainstorming zu den Gelingensbedingungen. Die Schlussfolgerungen der Teilnehmenden:  

  • Engagement für die Transformation braucht jedenfalls eine hohe Motivation der Lehrenden, aber auch Bereitschaft dazu, Neues auszuprobieren, egal ob es um digitale Innovationen, den Einsatz von Kurzvideos oder andere Sichtweisen geht.  
  • Es braucht auch eine veränderte Haltung der Lehrenden. Aktive Beteiligung an gesellschaftlicher Transformation braucht eine partizipative Lernkultur, die es ermöglicht, Beteiligung und Teilhabe zu lernen.  
  • Die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Vorstellungen und Sichtweisen führt zu Kontroversen, die in der Schulgemeinschaft zu Stillstand bzw. Innovationsskepsis führen können. Externe Stakeholder (wie bei Workshops durch externe Anbieter) können hier leichter neue Impulse liefern.  
  • Es braucht dabei auch eine klare Trennung von Faktenwissen und persönlichen Meinungen bzw. auch Wertehaltung.  
  • Wie der UniNEtZ-Optionenbericht zeigt, braucht es für eine ganzheitliche Umsetzung von SDG 4.7. eine Reform des Bildungssystems auf vielen Ebenen. Einzelinitiativen von Lehrpersonen, Organisationen und Einzelpersonen sind als Good Practice wertvoll und inspirierend. Für eine breite Umsetzung braucht es veränderte Rahmenbedingungen.

Rahmenprogramm & Dank

Ausstellung: Kärntner Held:innen für nachhaltige Entwicklung

Im Vorfeld der Veranstaltung hatte SDG Watch Austria zur Einreichung von Projekten, Initiativen und Aktionen aufgerufen, die sich mit den Zielen nachhaltiger Entwicklung in Kärnten beschäftigen. Die Einreichungen wurden am Veranstaltungsort ausgestellt und sind auch hier in der Online-Galerie zu sehen.

Führung „univerzoom nationalpark“  

Um 16:00 konnten all jene, die nicht früher die Heimreise antreten mussten, an einer Führung durch die Ausstellung im BIOS Nationalparkzentrum Mallnitz teilnehmen und von den Rangerinnen spannende Fakten und Geschichten aus dem Nationalpark Hohe Tauern erfahren. Das Nationalparkzentrum wurde im Übrigen nicht zufällig als Veranstaltungsort gewählt:  
Denn wie Nationalparkdirektorin Barbara Pucker erklärte, steht es an der Schnittstelle zwischen Natur, Forschung und Bildung und bietet den idealen Rahmen, um die Wechselwirkungen von sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen sichtbar zu machen und lösungsorientierte Ansätze vor Ort zu diskutieren. Infos zum Veranstaltungsort BIOS Nationalparkzentrum Mallnitz: www.bios-mallnitz.at

Mitwirkende, Session Hosts und Partnerorganisationen:

Weitere Materialien:


Danke an unsere Fördergeber:

Diese Veranstaltung ist Teil des ÖKOBÜRO-Projektes „Zukunft im Gespräch” und wird durch die Austrian Development Agency aus Mitteln der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit gefördert. 

Sie lasen einen Blogbeitrag einer oder mehrerer Mitgliedsorganisationen von SDG Watch Austria. Die darin enthaltenen Meinungen sind keine Positionen von SDG Watch Austria oder von ÖKOBÜRO als Medieninhaber.