Ein Beitrag von Gregor Schamschula (ÖKOBÜRO – Allianz der Umweltbewegung)
Weltweit nimmt die Zahl der Klimaklagen stetig zu, mit denen Staaten zu strengerem Klimaschutz oder Unternehmen zur Übernahme von Verantwortung für ihr Geschäft gebracht werden sollen. Dabei zeigt sich auch, dass Klimaschutz weit über Umweltthemen hinausgeht und unerlässlich für die Umsetzung der Agenda 2030 ist. Doch wie ist der Stand in diesen Verfahren und wozu führen sie?
Rechtlicher Zwang ist die ultima ratio, das letzte Mittel, wenn sonst keine andere Möglichkeit mehr besteht. Angesichts der immer weiter fortschreitenden Klimakrise und zögerlicher Politik sehen sich immer mehr Organisationen, Einzelpersonen und Gruppen genötigt, rechtliche Schritte zu ergreifen, um der menschengemachten Erderwärmung etwas entgegen zu setzen. Denn das Abschieben der Verantwortung auf das Handeln von Einzelpersonen allein kann einer der größten Bedrohungen der Menschheit nicht allein entgegengehalten werden. Zwar ist die Änderung klimaschädlicher Gewohnheiten auf einer gesellschaftlichen Ebene natürlich wichtig, aber auch das System, das eben diesen Status Quo begünstigt, muss angepasst werden. Und genau hier setzen Klimaklagen an.
Klagen: gegen Staaten und Unternehmen
Es gibt verschiedene Arten von Klimaklagen. Solche gegen Staaten, üblicherweise mit einem menschenrechtlichen Argument, mit der diese zum stärkeren Klimaschutz gezwungen werden sollen, um ihre Bevölkerung vor den Folgen der Klimakrise zu schützen. Und solche gegen einzelne verschmutzende Unternehmen, wie etwa Shell, OMV, RWE und andere Großkonzerne mit den größten Auswirkungen auf das weltweite Klima. Diese Art von Klagen gegen Unternehmen sind in Österreich aufgrund eines sehr restriktiven Rechtsschutzes derzeit eher nicht wahrscheinlich. In anderen Staaten, wie den Niederlanden, zeigten sie gerade erst Erfolg. Dort wurde Shell im Mai 2021 dazu verurteilt, seine Unternehmensstrategie an die Klimaziele von Paris anzupassen. Geklagt hat dort die Umweltschutzorganisation Friends of the Earth unter Bezugnahme auf die herausragende Verantwortung von Erdölkonzernen für die Klimakrise.
Die Klagen gegen Staaten, damit diese ihren Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung nachkommen, sind das, was landläufig unter „Klimaklage“ verstanden wird. Das Argument dabei ist vereinfacht gesagt meist ähnlich: Das Recht auf Leben sowie auf ein geschütztes Privatleben ist der Europäischen und der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gemein. Geschützt ist dabei nicht nur das Leben direkt im Sinne des Verbotes des Eingriffes des Staates, sondern auch das Verbot, durch ein Nicht-Handeln das Leben und das Privatleben derartig stark zu beeinträchtigen, dass es nicht mehr möglich ist. Die drohenden Folgen der Klimakrise sind teilweise noch nicht einmal absehbar, doch es ist klar, dass bei nicht ausreichendem Klimaschutz ein Leben wie wir es jetzt kennen nicht mehr möglich sein wird. Auch das Erreichen der 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung rückt bei mangelhaftem Klimaschutz in immer weitere Ferne: Erhöhte Sterblichkeit von gesundheitlich beeinträchtigten Personen (wie etwa durch extreme Hitzeperioden), sowie die Gefahr von Extremwetterereignissen wie Dürre, Hochwässer und dergleichen bedrohen die Bevölkerung. Nur entschlossener und tiefgreifender Klimaschutz und die Erreichung des 1,5 °C Zieles sind geeignet, diese Gefahren zu minimieren. Halten sich die Staaten nicht daran, oder tragen durch falsche Politik sogar noch weiter zur Klimakrise bei, gefährden sie damit direkt Menschenleben. Und das ist – so das Argument der Klimaklagen – nicht mit Menschenrechten vereinbar.
Erfolge und Rückschläge
Mehrere Klimaklagen waren bereits erfolgreich. So wurden sowohl Irland, als auch das Vereinigte Königreich und – wohl am bekanntesten – die Niederlande durch ihre Gerichte zu strengerem Klimaschutz verurteilt. Wie genau dieser auszusehen hat können Gerichte in der Regel aufgrund der Gewaltentrennung zwischen Judikative und Exekutive, also Gerichten und der Regierung, nicht festlegen. Sie können jedoch Ziele vorgeben und orientieren sich dabei an Instrumenten wie dem Vertrag von Paris. Längst nicht alle Klagen sind erfolgreich, so scheiterten die Schweizer und auch die österreichische Klimaklage vor den nationalen Höchstgerichten aufgrund von Formalvoraussetzungen. Beide Fälle sind allerdings mittlerweile beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig, der bereits mehreren Klimaklagen eine dringliche Behandlung zugesprochen hat.
Klagen sind immer nur das letzte Mittel, ihre Wahl zeigt gleichzeitig auch, wie dringlich das Thema ist. Und auch ein Sieg vor Gericht ist kein Allheilmittel, sondern nur ein weiteres Alarmsignal, dass schnell entscheidende Schritte nötig sind, um eine Katastrophe abzuwenden. Das Zeitfenster dafür schließt sich. Umso wichtiger sind alle Bemühungen, dem wirksamen Klimaschutz zum Durchbruch zu verhelfen.
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