Die Herausforderung der SDGs ernst nehmen

Gastbeitrag von Univ.Prof. Dr. Christoph Görg (Netzwerk Sozial-Ökologische Transformation)

Die Herausforderung der SDGs ernst nehmen

Die UN Agenda 2030 mit ihren 17 Sustainable Development Goals (SDGs) stellt eine enorme Herausforderung dar, die in Politik und Öffentlichkeit bislang noch gar nicht recht zur Kenntnis genommen wird. Doch auch Österreich hat sich - wie alle insgesamt 193 Staaten der Vereinten Nationen - zur Umsetzung dieser Ziele bis 2030 verpflichtet. Sie bilden damit einen allgemeingültigen Rahmen für die Zukunft sowohl der Entwicklungs- als auch der Industrieländer. Es handelt sich um eine extrem breite Agenda, die neben sozialen Aspekten und Umweltzielen auch viele wirtschaftliche und politische Fragen anspricht.

Dass bei deren Umsetzung Zielkonflikte auftreten werden, die bearbeitet werden müssen, ist klar und längst Gegenstand von Debatten auf internationaler Ebene. Zu erwarten sind ebenfalls massive Interessenkonflikte, denn die Konkretisierung dieser Ziele im nationalen Rahmen und ihre Umsetzung in konkrete Maßnahmen wird nicht ausschließlich in Win-Win-Lösungen realisierbar sein. Vielmehr sind Konflikte zwischen Wirtschafts- und Politiksektoren sowie zwischen den politischen Ebenen – von der nationalen über die Länder- bis zur kommunalen Ebene und dem Stadtteil – zu erwarten.

Es kommt daher entscheidend darauf an, potentielle Zielkonflikte schon frühzeitig zu erkennen und nach Möglichkeiten einer Konfliktlösung im öffentlichen Interesse zu suchen. Dafür ist der Beitrag der Forschung wichtig und ein enges Zusammenspiel zwischen Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit unabdingbar.

Bisher lässt sich innerhalb der österreichischen politischen Landschaft noch viel zu wenig Interesse an den SDGs und ihrer Umsetzung feststellen und in vielen Bereichen herrscht Business as usual. Sie waren als Thema im Wahlkampf inexistent und die Befürchtung steht im Raum, dass sie in den laufenden Koalitionsverhandlungen und überhaupt in der Politik der kommenden Koalition keine Rolle spielen. Daher hat das Netzwerk sozial-ökologische Transformation - ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern aus vielen Disziplinen und Forschungseinrichtungen - einen offenen Brief an den Bundespräsidenten und die Parteiobleute der im Nationalrat vertretenen Parteien verfasst, der die Berücksichtigung der SDGs durch die Politik einfordert. Darin wird darauf verwiesen, dass die Herausforderungen sehr breit sind und für ihre Bewältigung ein umfassender und integrierter Ansatz erforderlich ist - eben eine sozial-ökologische Transformation unserer Gesellschaft. Zu den Herausforderungen zählen nicht nur die Verminderung des Ressourcenverbrauchs, die Bewältigung des Klimawandels und die Verringerung von Umweltbelastungen, sondern auch die Sicherung der Gesundheitsversorgung, die Bekämpfung der Armut, die Förderung der sozialen Kohäsion, die Lösung von Gerechtigkeits- und Verteilungsfragen, eine umfassende Bildung, die nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums, die Ausrichtung von Entscheidungen an ihren Auswirkungen auf die Lebensqualität und die Verbesserung demokratischer und partizipativer Prozesse.

Konkret formulierte das Netzwerk dazu folgende Forderungen:

1. Die nachhaltige Entwicklung sollte als Staatsziel verankert und die nachhaltigen Entwicklungsziele in Entscheidungen der Politikgestaltung Berücksichtigung finden.

2. Auf EU-Ebene sollte sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die nachhaltigen Entwicklungsziele bei der Entwicklung langfristiger Strategien (etwa im Finanz-, Mobilitäts-, Infrastruktur-, Integrations- und Sozialbereich) eine zentrale Rolle spielen.

3. Ausgehend von wissenschaftlichen Erkenntnissen sollte eine sozial-ökologische Transformation in Richtung einer ökologisch nachhaltigen, sozial gerechten und wirtschaftlich tragfähigen Gesellschaft initiiert werden, die die Einbeziehung von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft vorsieht.

4. Für eine Transformation sind Innovationen im sozialen, wirtschaftlichen, technischen, gesellschaftlichen und organisatorischen Bereich unerlässlich. Diese gilt es entsprechend zu fördern und als Pionierleistungen für Österreich anzuerkennen.

5. Wichtige gesellschaftliche Weichenstellungen sollten von einem breiten öffentlichen Diskurs sowie von einer unabhängigen Forschung begleitet werden. Dabei auftretende Probleme und mögliche Konflikte müssen wahrgenommen, adressiert und mögliche Kompromisse wiederum als Innovationstreiber genutzt werden.

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Der vollständige offene Brief des Netzwerks wurde am 31.10.2017 an den Bundespräsidenten und die Parteiobleute der im Nationalrat vertretenen Parteien versandt und ist hier einsehbar. Er wurde von 49 Wissenschafter_innen unterzeichnet.

 

Der Autor: Christoph Görg ist Professor für Soziale Ökologie an der Alpen Adria Universität Klagenfurt (mehr erfahren) und Mitglied des Netzwerkes sozial-ökologische Transformation.

Das Netzwerk: Das Netzwerk Sozial-Ökologische Transformation ist ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern aus vielen unterschiedlichen Disziplinen und Forschungseinrichtungen .


 

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Bild: Gregor Tatschl (flickr, creative commons 2.0 Lizenz, Rand oben zugeschnitten)